- 1/2mehr
- 2/2mehr
Die Glocke, Bremen
Das traditionsreiche Konzerthaus „Die Glocke“ zählt zu den wichtigsten Konzerthäusern Europas und ist in einem Atemzug mit den akustisch besten Häusern der Welt zu nennen. Das im Stil des Expressionismus in baulicher Verbindung mit dem Bremer Dom errichtete Gebäude ist prägender Teil der Bremer Altstadt und befindet sich in unmittelbarer Nähe zu den UNESCO Welterbestätten des Bremer Rathauses und des Rolands. Mit der zentralen Lage direkt an der Domsheide, einem der bedeutenden öffentlichen Platzräume der Bremer Innenstadt und mit seinem vielfältigen Musik- und Kulturprogramm prägt das Haus die Bremer Innenstadtentwicklung. Nach ca. 30 Jahren intensiver Nutzung seit der letzten Sanierung muss das Gebäude in den kommenden Jahren zwingend den baurechtlichen und funktionalen Anforderungen angepasst und das Haus qualitativ weiterentwickelt werden. Diese Gegebenheit soll genutzt werden, um die nötige Ertüchtigung des Bestandes mit einer zukunftsweisenden Erweiterung zu ergänzen, um so das Konzerthaus langfristig attraktiv und zukunftssicher zu gestalten.
Das städtebauliche Leitbild des Entwurfs ist bestimmt von der Setzung des Konzerthauses und der drei Bestandsgebäude an der Domsheide und dem Ziel, den Neubau zurückhaltend in den Bestand zu integrieren. Die beiden Gebäudeensemble Konzerthaus und Domsheide 3 – 5 sind um ca. 11° gegeneinander verdreht, so dass sich ein trapezförmiger Raum zwischen ihnen aufspannt. Das Trapez ist die Grundfigur für das dreigeschossige Foyer, in welches die „Glocke“ teilweise einbeschrieben ist. Dieser Raum ist an das Foyer des Konzerthauses angebunden, erweitert es und erschließt die neuen Nutzungen, wie den Musikerlebnisraum und die Workshops.
Für das außerordentlich umfangreiche Raumprogramm wurde ein fünfgeschossiger Baukörper entwickelt, welcher exakt die Breite der Fassaden an der Domsheide 3 bis 5 einnimmt und sich bis zur nördlichen Grundstücksgrenze erstreckt. Um den Baukörper der „Glocke“ möglichst freizustellen und zum Hof die Baumasse gegenüber den niedrigen Nachbarn zu reduzieren, sind die beiden oberen Geschosse L-förmig zurückgestuft und bilden einen Hof in Richtung Norden. Zur Domsheide sind diese beiden Geschosse zurückgestaffelt und verschmelzen mit den Dächern der historischen Bauten. Die historischen Fassaden werden dabei Teil des Neubaus, deren horizontale Gliederung in der Lineatur der Putzfassaden aufgeht. Die Gestaltung der Fassaden des Neubaus ist von den Putzfassaden an der Domsheide abgeleitet. Die bis zur Traufe hellen, mit Zierelementen aus Naturstein versehenen Häuser setzen sich von der expressiven Ziegelfassade des Konzerthauses ab. Um die historischen Fassaden nicht wie Spolien wirken zu lassen, wurde deren Materialität fortgeführt und der Neubau mit seinen Staffelgeschossen in die alte Substanz hineingeschoben, was zu einer Verzahnung der beiden Körper führt.
Im fünfgeschossigen Neubau sind die Hauptnutzungen (Musikerlebnisraum, Musikclub, Workshopräume, Verwaltung) und deren Nebennutzungen untergebracht. Der zweigeschossige Musikerlebnisraum mit ovaler Sitzanordnung bietet mit seinem Spirallift-Plattform-Hubwerk verschiedene Nutzungsoptionen (Full House, Concert, Flat Floor, Orchestra, Half Stage, Mixed Seating). Im neuen Musikerlebnisraum wird eine Sitzplatzkapazität von bis zu 600 Zuhörerplätzen erreicht. In Verbindung mit einer äußerst variablen Gestaltung der Bestuhlung sowie der Bühnen- bzw. Podiumssituation sollen alle gängigen Musikformate ermöglicht werden. Bei Ausschöpfung der maximalen Sitzplatzkapazität von knapp 600 Zuhörern wird ein raumakustisch wirksames Volumen von mehr als 5 m³ pro Zuhörer erreicht, was für sämtliche Aufführungen mit elektronisch verstärkter Musik- und Sprachveranstaltungen bereits sehr gute Ergebnisse erwarten lässt. Um die natürlichen akustischen Bedingungen im Saal auch für Kammermusik und klassische Musikaufführungen sehr gut zur Geltung kommen zu lassen, werden die Veranstaltungen auf eine Sitzplatzkapazität von etwa 400 Personen begrenzt, sodass daraus ein spezifisches Raumvolumen von ca. 8 m³ pro Person resultiert und der natürliche Nachhall im Raum gefördert wird.
Ort: Domsheide 6-8, 28195 Bremen
Nutzung: Konzerthaus, Musikerlebnisraum, Musikclub, Workshop-Räume, Verwaltung, Gastronomie
Architekt: Jan Kleihues und Norbert Hensel mit Michael Alshut und Sebastian Knorr
Bauherr: Freie Hansestadt Bremen
Wettbewerb: 02/2025
BGF: 13.360 m²